Das sollten Sie bei Erkrankung wissen
Hypertonie / Erklärung
Wann besteht ein Bluthochdruck / Hypertonie?
Nach internationaler Übereinkunft gilt ein Blutdruck ab 140/90 mmHg als hyperton (erhöht) – mehrfach in der Arztpraxis zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Tagen unter standardisierten Bedingungen gemessen.
Zur endgültigen Sicherung der Diagnose ist es ratsam, die gemessenen Werte mit einer zweiten alternativen Blutdruckmessmethode zu bestätigen – entweder ambulantes 24-h-Blutdruckmonitoring = ABDM oder Blutdruckselbstmessung mit jeweils Tagesdurchschnittsgrenzwerten oberhalb von von 135/85 mmHg).
Wie der Blutdruck in den europäischen Leitlinien kategorisiert wird, sehen sie in der nachstehenden Tabelle 1. Fallen diastolische und systolische Blutdruckwerte in unterschiedliche Kategorien, gilt die jeweils höhere für Diagnose und Schweregrad.
Tab 1: Definition und Klassifikation von Blutdruckbereichen (mmHg; modifiziert nach aktuellen Leitlinien Deutsche Hochdruckliga und europäischer Hypertonie-/und Kardiologie-Gesellschaften)
| Kategorie | Systolisch (mmHg) | Diastolisch (mmHg) |
| Optimal | < 120 | < 80 |
| Normal | < 130 | < 85 |
| Hochnormal | 130–139 | 85–89 |
| Hyperton | ||
| Schweregrad I | 140–159 | 90–99 |
| Schweregrad II | 160–179 | 100–109 |
| Schweregrad III | ≥ 180 | ≥ 110 |
| Isolierte systolische Hypertonie (ISH) | ≥ 140 | < 90 |
Was bedeuten die beiden Blutdruckwerte bei der Messung?
Bei der Blutdruckmessung wird als erstes der Wert bestimmt, welcher beim Ausstoßens des Blutes aus der linken Herzkammer entsteht = systolischer Wert (ist immer der höhere). Danach verteilt sich das Blut im gesamten arteriellen Gefäßstromgebiet des Körpers – dabei sinkt der Druck so lange, bis sich das Herz erneut zusammen zieht.
Die Mediziner nennen die Herzfüllungsphase Diastole, weswegen der 2. gemessene Blutdruck auch diastolischer Blutdruck heißt. Er repräsentiert den Basisdruck im Gefäßsystem, ohne diesen ein kontinuierlicher Blutfluß nicht möglich wäre.
Wie häufig ist Bluthochdruck?
Die Prävalenz/Häufigkeit des Bluthochdrucks liegt in den westlichen Industrieländern zwischen 20 und 25 % in der Gesamtbevölkerung, in der Erwachsenenpopulation sind es zwischen 30 und 40 % und jenseits des 60. Lebensjahre mehr als 50 %.
Bis zur Menopause erkranken Frauen deutlich seltener an Hypertonie. Ab dem 65. Lebensjahr weisen beide Geschlechter etwa identische Hypertoniehäufigkeitsraten auf.
Nach den Daten der Framingham-Studie haben 55-Jährige ein 90-prozentiges Risiko, in den verbleibenden Jahren eine Hypertonie zu entwickeln, die in aller Regel auf Alterungsvorgängen der Gefäße beruht. Klassisch ist bei dieser Form der Altershypertonie nur der erste (systolische) Wert erhöht und der zweite (diastolische Wert) eher niedrig. Das Krankheitsbild bezeichnet man dann als „isolierte systolische Hypertonie“, von dem man früher annahm, daß dieses nicht so gefährlich sei. Neuere Forschungen haben jedoch gezeigt, daß Hypertoniker mit hohen systolischen Werten und niedrigen diastolischen eine sehr hohe Herz/Kreislauf-Gefährdung aufweisen.
Beschwerden / Klinik
Welche Beschwerden verursacht ein hoher Blutdruck?
Hoher Blutdruck ist meist symptomlos, was primär seine hohe Dunkelziffer in der Bevölkerung erklärt und leider häufig therapeutische Bemühungen konterkariert. Unspezifische Beschwerden wie morgendliche Kopfschmerzen, Sehstörungen, Konzentrationsstörungen, Herzklopfen, Unruhezustände, Schwindel oder Minderung der Ausdauerleistung und Nasenbluten sollten immer Anlass zu einer Blutdruckmessung sein.
Luftnot bei Belastung oder Herzschmerzen (Angina pectoris) sind dagegen bereits häufig erste Anzeichen von Auswirkungen des hohen Blutdruckes im Sinne einer Schädigungen des Herzens. Insgesamt ist festzustellen, dass Hypertoniker, deren Blutdruck allmählich gestiegen und stabil ist, meist keine oder nur sehr schwach ausgeprägte Symptome aufweisen, dagegen Patienten mit einem schnellen Anstieg in den hypertonen Bereich hinein oder größeren Blutdruckschwankungen eher Beschwerden aufweisen.
Einteilung und Ursachen
Was könnte die Ursache meines erhöhten Blutdrucks sein?
Dabei unterscheidet man grundsätzlich 2 Ursachenkomplexe. Während die primäre (essenzielle) arterielle Hypertonie als Folge von genetischen/vererbten Voraussetzungen plus schädlichen Lebensstileinflüssen angesehen werden kann und ca. 90 % aller Hypertonien ausmacht, sind davon sekundäre Hypertonien auf der Basis von Organerkrankungen oder spezielle, seltene monogenetischer Ursache abzugrenzen (Tab. 2).
Die sekundären Hypertonien sind in der Regel schwerer, weisen nachts keine Blutdruckabsenkung in dem Langzeitmonitoring (ABDM) oder treten schon in jüngeren Jahren auf. Sie sind häufig einer ursächlichen Behandlung zugänglich, während die im Zusammenhang mit multiplen Umweltfaktoren ausgelösten Funktions- und Regulationsstörungen der primären Hypertonie einer meist lebenslangen nichtmedikamentösen bzw. medikamentösen Therapie bedürfen.
Tab. 2 Ursachen sekundärer Hypertonien
| Kategorie | Erkrankungen/Diagnosen - Beispiele |
| 1. Nierenerkrankungen |
● Entzündungen der Nieren, Diabetes, Gicht ● Durchblutungsstörungen (Nierenarterienstenosen) ● Zysten (Zystennieren) u. seltene andere Nieren- und immunologische Systemerkrankungen |
| 2. Hormonelle Erkrankungen |
● Nebennierenrinden-bedingt: ○ Cushing-, Conn-Syndrom ○ Hormonbildungsstörungen (Gluko- oder Mineralokortikoid-Synthesestörungen, Enzymdefekte) Tumore, Metastasen ● Nebennierenmark-bedingt: Phäochromozytom ● Über- und Unterfunktion der Schilddrüse ● Überfunktion der Nebenschilddrüse |
| 3. Herz-/Gefäß- und Lungenerkrankungen |
● Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (Schnarchen/Atemaussetzer) ● Verengung der Hauptschlagader (Aortenisthmusstenose ) ● Herzklappenschwäche (Aorteninsuffizienz) |
Folgen / Risiken
Welche Risiken und Gefahren bestehen bei zu hohem Druck?
Hoher Blutdruck führt zwangsläufig zu einer Belastung und Schädigung aller Gefäßwände. Damit werden die Alterungsvorgänge an den Gefäßen beschleunigt. Neben einer beginnenden Gefäßversteifung kommt es zur Einlagerung von Cholesterin und Kalk in die Gefäßwände (Plaques), die wie Geschwülste in das Gefäßlumen hinein ragen. Sie können entweder aufbrechen - mit den Folgen eines akuten Gefäßverschlusses (Thrombose), der bei den Herzkranzgefäßen zum Herzinfarkt und die den Gehirngefäßen zum Schlaganfall führt oder es kommt über das Wachstum der Plaques sukzessive zum Gefäßverschluß mit identischen Folgen für Herz und Gehirn.
Das Gehirn ist bei einer Hypertonie besonders gefährdet. Schlaganfälle (vorübergehend – sogenannte TIA oder permanent – Apoplex) sind die häufigste Ursache von dauerhafter Schwerbeschädigung oder Tod von Hypertonikern. Die Dauerdruckbelastung der Hirngefäße kann aber auch zu multiplen kleinsten Ausfällen von Gehirnzellen führen, die sich später in einer Demenz äußern.
Darüber hinaus muß das Herz ständig gegen den erhöhten Druck arbeiten, was zuerst zu einer verringerten Füllung der Herzkammern (diastolische Funktionsstörung), danach zur Verdickung der Herzwände (linksventrikuläre Hypertrophie = LVH) und schließlich zur Herzschwäche (Herzinsuffizienz) und Herzversagen führt.
Die Druckbelastungen an Millionen von kleinen Gefäßknäuels (Glomeruli) in den Nieren, über die das Blut gereinigt wird, führt zur Verödung dieser Strukturen und damit zur Nierenschwäche (Niereninsuffizienz) bzw. Nierenversagen. Erste Zeichen sind das Auftreten von Albumin (Eiweiß) im Urin und danach die Erhöhung des Laborwertes Kreatinin.
Die Hypertonie führt weltweit von allen Erkrankungen und Risikofaktoren zu den meisten Todesfällen und dauerhaften Behinderungen.
